Bei diesen großflächigen Arbeiten erfolgt eine weitere Abstraktion bei der Sichtbarmachung von Zeit. Nach der realen Zeit/Torfschicht entstehen hier auf geschabten Glasplatten (Anlehnung an die Drucktechnik “Cliché Verre” des 18. Jahrhunderts) Zeitspannen mit neuer Intensität. Die Einzel- bzw. Gruppenarbeiten beziehen sich im weitesten auf die Errungenschaften unserer Kultur wie z.B. auf griechische Astronomen, abendländische bzw. auf morgenländische Philosophen. Die beiden weißen großen Arbeiten stehen stellvertretend dafür. Sie verweisen auf zwei arabische Philosophen (Averroes und Avicenna) die vor ca. 1000 Jahren getrennt von einander (der eine in Persien und der andere in Corduba) den Dialog zwischen Islam und Christentum forciert haben.
Das Abbild ist Bestandteil unserer abendländischen Bildsprache. Die Geschichte des Bildes in unserer westlichen Welt ist nicht die einzige Sichtweise. Nicht zuletzt die Islamische Kunst, die einerseits durch religöse Einschränkungen das Abbild in unserem Sinne nicht kennt, andererseits eine reiche Formensprache entwickelt hat, die laut George Saliba die Perspektive eines Brunelleschis vorwegnimmt, hat eine ganz andere Zugangsweise zum Blick und zum Bild. Es entsteht eine Formensprache, die in ihrem Additiven ein stimmiges, für abendländische Sehgewohnheiten ungewöhliches Gesamte bilden. Wir sehen offensichtlich nur das, was wir wissen. Die Entstehung einer Arbeit von Karl Weibl ist die Konsequenz einer längeren Beschäftigung mit unterschiedlichen Erkenntnissen der Philosophie, Literatur und Geisteswissenschaften im allgemeinen. Dabei entstehen keine Abbilder, sondern die Arbeiten von Karl Weibl sind quasi das durchlässige, aber formgebende Membran für ein Bild, das laut Descartes durch die Seheindrücke der beiden Augen erst im Gehirn, dem Sitz des “sens commun” zu einem einzigen Bild verdichtet werden. Descartes geht dabei noch weiter und sagt: ”Es ist nicht das Auge, sondern die Seele, die sieht. ”Es sind keine abstrakten Bilder im bildnerischen Sinne, es wird keine Formensprache reduziert. Es gab nie ein reales Bild. Vielmehr sind die Arbeiten der Einstieg in eine Assoziationskette, die Bilder im Kopf schaffen sollen. |
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